Entdeckung des Jura

Was hat der Jura für Geniesser zu bieten? Wir haben uns mit André Jaeger auf die Suche begeben. Eine Tagesreise voller denkwürdiger Momente.

André Jaeger steht im Gewölbekeller des Hôtel du Soleil in Noirmont. Welche Geheimnisse diese Mauern aus hellem Gestein wohl in sich tragen? Welche denkwürdigen Abende sie schon bezeugten? Die Holztische sind ungedeckt, die Stühle leer. «Die Gewohnheiten haben sich geändert, die Leute feiern weniger, konsumieren weniger», erzählt Hotelière Catherine Meusy-Simonin. Gemeinsam mit ihrem Mann Alexandre führt sie das Haus, das seit 1720 Gäste bewirtet, in vierter Generation. Man kann sich gut vorstellen, dass hier einst lange, lustige Nächte gefeiert wurden. «Ein schöner Raum», findet Jaeger. «Schade.» Es ist auf der Entdeckungsreise durch den ressourcenschwächsten Kanton der Schweiz der einzige Moment, der ihn nachdenklich stimmt.
Der 78-jährige Aargauer weilt zufälligerweise auf der marmite-Redaktion, als das Fokusthema dieser Ausgabe diskutiert wird. «Jura, wow, das würde mich interessieren!» Wenige Wochen später haken wir nach: «Herr Jaeger, besuchen wir gemeinsam den Jura?» Erst verdutzt, bald schon Feuer und Flamme: Der Koch des Jahres 1988 und 1995 ist mit von der Partie. Recherchiert nach Traditionsgerichten, Kontakten, sucht Routen. Und holt schliesslich um 7 Uhr in der Früh den Autor und den Fotografen im von der Binelli AG zur Verfügung gestellten BMW 750e zu Hause ab. «Ich liebe es noch immer, Neues zu erkunden», erzählt Jaeger auf der Fahrt. «Insbesondere auf Wegen abseits der grossen Strassen.» Jaegers Sinn für Neues machte ihn einst weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt: Als er die Schaffhauser Fischerzunft nach seiner Rückkehr aus Hongkong zum Gourmetrestaurant mit asiatischen Einflüssen verwandelte, erntete er anfangs Stirnrunzeln, später Applaus und Gäste aus aller Welt. «Asiatische Küche kannte man in Europa noch kaum. Manche Produkte brachte mir jeweils eine Swissair-Mitarbeiterin in die Schweiz mit.»

Heute kennen viele Deutschschweizer manch asiatisches Land besser als den Kanton Jura. Und wie viel Passion und Leidenschaft für Qualität da gelebt wird, weiss auch Jaeger noch nicht. 9.30 Uhr, Porrentruy, eine Kleinstadt. «Das kenne ich noch aus meiner Zeit in der Armee», erzählt der Koch dem Schnapsbrenner. 2016 erhält Hervé Blanchard die Kündigung. Er arbeitet damals in einer Kaderposition in der Uhrenindustrie. Um sich Gedanken über die Zukunft zu machen, verbringt er viel Zeit in den Obstgärten seines verstorbenen Vaters, schneidet Äste ab und realisiert plötzlich: «Es ist eigentlich genau das, was ich will.» Raus aus der Komfortzone, rein in die Selbstverwirklichung. Er kauft die Brennerei, in der schon sein Grossvater und sein Vater ihr Obst brannten, und lanciert seine neue Karriere mit jener Akribie, die er aus der Uhrmacherei kennt. Aprikose, Himbeere, Williamsbirne, Quitte, hervorragende Schnäpse, glasklar im Aroma.


Sein wichtigstes Produkt aber ist der einzigartige Jura-Schnaps: Eau de Damassine. Es wird aus der Damasson-Pflaume destilliert. Jede Frucht geht durch Blanchards Hände. «Es ist viel Arbeit. Wegen des Geldes mache ich das nicht. Es ist die Passion. Was ich heute mache, hat so viel mehr damit zu tun, wer ich eigentlich bin.» Jaeger degustiert, ist begeistert und berührt: «Grossartig, diese Hingabe. Das Handwerk kleiner Produzenten ist eine Stärke der Schweiz, die es zu bewahren gilt. Ich bin um jeden dieser Produzenten dankbar.»
Von der Seele eines preisgekrönten Käses bis zur kompromisslosen Fischzucht im Herzen der Natur – was André Jaeger auf seiner Reise sonst noch entdeckt, lesen Sie im vollständigen Artikel in der neusten Ausgabe von marmite.
marmite 02/2025
Text: Benny Epstein
Bilder: Nino Valpiani
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