Ein kulinarischer Riese erwacht

8. May 2024

Bangkoks Fine-Dining-Szene wird immer bunter und dynamischer. Das Angebot reicht von modernen und doch in der Tradition verwurzelten Thai-Menüs bis hin zu deutschen Gourmet-Kreationen.

In den verwinkelten Gassen von Bangkoks Chinatown steht ein fast schon beängstigend schmales fünfstöckiges Haus, das sich im Inneren als wahres Schmuckstück entpuppt. Hier, wo ihre Ururgrosseltern vor 114 Jahren einen Handel für traditionelle chinesische Heilkräuter eröffneten, kocht Pichaya Soontornyanakij, von allen nur Chef Pam genannt, mit Sinn für Ästhetik, Neugier und Leidenschaft. Ihr Anspruch ist es, durch die Verbindung von lebendiger Geschichte, Kunst und Kulinarik den Gästen ein geradezu spirituelles Erlebnis zu ermöglichen. Die Jury der World’s 50 Best jedenfalls ist begeistert und wählte Chef Pam kürzlich zur Nummer 1 unter Asiens Köchinnen. Der Guide Michelin kürte ihr Restaurant, das Potong (simpel) heisst, zur Neueröffnung des Jahres 2023 in Thailand und nahm es auf Anhieb in den Kreis der Lokale mit einem Stern und dem grünen Stern für besondere Verdienste um Nachhaltigkeit auf.

Pekingente bietet ein unvergleichliches Geschmackserlebnis

Ohne von der hinreissenden Pekingente probiert zu haben, sollte man das Potong auf keinen Fall verlassen. Die mit Honig und Zucker glacierte Haut besticht durch perfekten Glanz und ist wunderbar knusprig, das rosa gegarte Fleisch der Brust verdient sowohl in Sachen Saftigkeit als auch punkto Zartheit und Aroma das Prädikat Weltklasse. Für westliche Besucherinnen und Besucher gewöhnungsbedürftig, aber im Sinne des Nose-to-Tail-Gedankens sehr konsequent ist der mit geröstetem Entenhirn gefüllte Kopf des Tieres, der neben der Brust und Spiesschen mit Schenkelfleisch auf einem hölzernen Podest präsentiert wird.

Kräftige Aromen und kreative Kombinationen

Auch sonst hat Chef Pam keine Angst vor kräftigen Aromen und gehaltvollen Gerichten. Und so gibt’s zum Chawanmushi nicht nur eine grosszügige Nocke Kaviar, sondern auch Abalone, die in Asien heiss begehrten Meeresschnecken. Scheinbar Banales wie die Kokosnuss lernt man bei Chef Pam in den unterschiedlichsten Zubereitungsarten kennen. Das Fruchtfleisch räuchert und rollt sie, die Milch lässt sie gerinnen, die angeröstete Schale kombiniert sie mit Stinkbohnen (sie verdanken ihren Namen dem intensiven, knoblauchartigen Geruch), Gurkenmarmelade und Zitronengras. Manche Gerichte im Potong wirken ein wenig überladen, und bisweilen verspricht das Storytelling mehr als der Teller dann hält. Das ändert aber nichts daran, dass ein Besuch im Lokal mit den steilen Treppen, dem winzigen Lift und der grossen Dachterrasse ein ganz besonderes Erlebnis ist.

Eine deutsche Fine-Dining-Oase in Bangkok

In einer ehemaligen Botschafter-Villa im gediegenen Stadtteil Yan-Nawa haben die Berliner Zwillinge Matthias und Thomas Sühring ein Konzept umgesetzt, an das ausser ihnen selbst wohl nur die allerwenigsten glaubten. Dank ihrem sicheren Sinn für Aromen, exzellentem Handwerk und bewundernswerter Unbeirrbarkeit ist es den beiden gleichwohl gelungen, Bangkok für modernes Fine-Dining mit durch und durch deutscher DNA zu begeistern. Schon 2018, im zweiten Jahr nach der Eröffnung, bewertete der Guide Michelin das Restaurant Sühring mit zwei Sternen – und der deutsche Gault-Millau schwärmte, man esse an kaum einem Ort auf der Welt besser deutsch als in Thailands Hauptstadt.

Grüne Oase im Beton-Dschungel: Das Restaurant Sühring ist in einer ehemaligen Botschafter-Residenz untergebracht.

Rinderrouladen de luxe

Tatsächlich ist es faszinierend, wie die Sührings Klassiker der heimischen Hausmannskost zu Gerichten auf Sterneniveau umbauen, dabei die Wurzeln der jeweiligen Speisen aber nie aus den Augen verlieren. Bestes Beispiel: die Rinderrouladen mit Tatar in der Mitte und einer mutig gesäuerten kalten Sauce auf Basis von Rotkohl, die einen erfrischenden Kontrast zum mit Speck umhüllten Fleisch bildet. Neben der zehn Tage gereiften Ente zählen auch die Störhappen mit Kaviar, die mit Käse aus dem Allgäu und Trüffel verfeinerten Spätzle oder die Haselnusswaffeln mit Entenleber (augenzwinkernd Entella genannt und im Stil von Hanuta verpackt) zu den Klassikern im Sühring.

Genuss, Ambiente und herzliche Gastfreundschaft laden zum Verweilen ein

Wer einmal hier zu Tisch sass, dürfte wiederkommen. Nicht nur wegen der ausgezeichneten, sorgfältigen Küche (3-Sterne-Koch Sven Elverfeld aus dem Aqua in Wolfsburg war einer der Lehrmeister der Sührings), sondern auch wegen der wunderschönen, lichtdurchfluteten Räume, dem charmanten, aufmerksamen Service und der gewinnenden Persönlichkeit der Zwillinge, die ihren Gästen zum Schluss des Besuchs noch einen Eierlikör kredenzen – zubereitet nach Art ihrer Grossmutter, deren Rezeptbüchlein aus DDR-Zeiten sie bis heute in Ehren halten. Die Grossmutter, die in der Nähe von Berlin auf dem Land lebte, war es auch, die den Zwillingen früh den Wert erstklassiger Produkte vermittelte.

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