Der wahre Wert von Huhn und Ei
Anna Pearson ist Slow-Food-Köchin und Kochbuchautorin mit eigenem Verlag. In der Küche denkt sie am liebsten in Zusammenhängen – und diese sind bei Huhn und Ei besonders komplex.
Das Gespür und die Liebe für Konzepte und runde Ideen seien bis heute geblieben, sagt Anna Pearson. Denn bevor sie im Restaurant ihrer Tante im Tessin und später im Ristorante Italia mit dem Kochen anfing, studierte sie an der Zürcher Hochschule der Künste Style und Design. Das Rezept für die Tagliatelle mit Sugo al pollo, welche sie bei unserem Besuch zubereitet hat, widerspiegelt darum mehrere Leidenschaften und Anliegen unserer Gastgeberin.
Plattform mit Fokus auf Zweinutzungshühner
Pearson und ihr Partner beziehen Eier vom Hof Rinderbrunnen, bei dem Zweinutzungshühner gehalten werden. Sie haben ein Abo, dessen Lieferumfänge der effektiven Legeleistung der Hühner entsprechen, sprich von Mal zu Mal variieren. Für die Tagliatelle mit Sugo al pollo beispielsweise stammen nicht nur die Eier im Tagliatelle-Teig, sondern auch das Fleisch im Sugo von dem Hof.
Anna Pearson hat Huhn + Hahn lanciert, eine Aufklärungs- und Rezept-Plattform, die sich fundiert dem Thema der extensiven Zweinutzungshühner annimmt. Gemäss der Gastgeberin war früher jedes Huhn ein Zweinutzungshuhn: Die Hennen legten Eier, die Hähne – und nach einigen Jahren auch die nicht mehr so legefreudigen Hennen – wurden für ihr Fleisch geschlachtet. Eier und Fleisch waren wertvolle, selten konsumierte Lebensmittel. Die Züchtung zweier getrennter Hühnerlinien – eine für Eier und eine für Fleisch – nahm erst in den 1950er Jahren ihren Lauf. Seither wird die Produktion von Jahr zu Jahr exzessiver. «Eigentlich gäbe es einen Zusammenhang zwischen Eiern und Hühnerfleisch. Nur sind wir uns dessen durch die einseitig genutzten Hochleistungshühner nicht mehr bewusst.» Warum diese einseitig spezialisierten Hybridrassen so problematisch sind, kommt bei Huhn + Hahn ausführlich zur Sprache.
Rezepte finden grossen Anklang
Neben der Aufklärung liegt der Fokus bei Huhn + Hahn auf Rezepten. Damit will Pearson der Tatsache entgegenwirken, dass gerade in Sachen Zweinutzungshühner wenig Zubereitungswissen vorhanden ist. Auch abseits von Huhn + Hahn entwickelt Pearson regelmässig Rezepte. «Es gibt ja zu fast allem schon ein Rezept, auch ich kann das Rad nicht neu erfinden», sagt sie. Lieber taucht sie in der Entwicklungsphase in ihre Kochbuch-Bibliothek ab, stets ausgerüstet mit Post-its und sucht alles heraus, was ihr gefällt, sie reizt und neugierig macht. Sie vergleicht und verwirft, tauscht da und dort etwas aus, zum Beispiel, wenn sich eine Zutat durch eine regionalere Variante ersetzen liesse – so lange, bis sie ihre eigene Interpretation des Gerichts zusammenhat. Dabei hat sie hohe Ansprüche an ihre Arbeit. «Nichts ist schlimmer als Rezepte, denen ich auf Anhieb ansehe, dass sie so nicht funktionieren können.» Dass ihre Rezepte als präzise, verständlich und gelingsicher empfunden werden, freut Pearson darum sehr.
Zudem hat Anna Pearson 2018 zusammen mit ihrer Schwester Catherine ein Pasta-Buch in ihrem Verlag Edition gut herausgegeben. Dort finden sich neben 30 Pastaformen 40 saisonale Rezepte. Wahlweise kann man auch bei der Meisterin selbst lernen. Ihre Pasta-Kurse im Zürcher Museum Mühlerama gehören wie die Rezeptentwicklungen zu ihren beruflichen Hauptstandbeinen.
Mehr Informationen über unseren Besuch bei Anna Pearson, Zweinutzungshühner sowie weitere spannende Beiträge rund um das Thema Ei finden Sie in der aktuellen Ausgabe des marmite Magazins.
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