Hintergrund: Das erste Mahl

Alles beginnt bereits im Mutterleib. Auch – wie könnte es anders sein – die Geschmacksbildung und damit die Vorbereitung auf das, was wir später essen werden.
Unsere kulinarischen Vorlieben sind Gewohnheitssache: Wir mögen das, was wir kennen. Bereits im Mutterleib erhalten wir einen Vorgeschmack auf die Esskultur, in die wir hineingeboren werden. Die ersten Geschmacksknospen bilden sich nämlich in der achten Woche der Schwangerschaft. Und nach circa 12 Wochen beginnt der Fötus zu schlucken und Fruchtwasser zu sich zu nehmen. Je nach Entwicklungsstadium sind das bis zu 760 ml täglich. Über dieses Schlucken sind wir schon im Bauch unserer Mütter einer Vielzahl von Geschmacksstoffen ausgesetzt. Darunter Zucker, Fettsäuren, Aminosäuren, Proteine, Salze und Aromastoffe. Die meisten davon stammen aus der mütterlichen Ernährung.
Vorgeburtliches Buffet
Dieser Fruchtwassercocktail ändert sich je nach Menüplan der Mutter. Erwiesenermassen ins Fruchtwasser gelangen Aromen von Knoblauch, Vanille, Anis, Kreuzkümmel und Minze. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Palette noch weitaus grösser ist. Diese Erkenntnisse legen denn auch den Schluss nahe, dass bereits Ungeborene an bestimmte kulturelle Geschmacksmuster gewöhnt werden. Lange bevor sie später mit den eigentlichen Lebensmitteln in Berührung kommen.
Während die Natur den Nachwuchs im Bereich der Aromatik individuell an das gewöhnt, was später kommt, sind die Vorlieben und Abneigungen für bestimmte Grundgeschmäcker Teil des allumfassenden biologischen Programms. So haben Untersuchungen Zusammenhänge zwischen Reizung der Geschmacksrezeptoren auf der Zunge und reflexartigen Reaktionen der Mimik von Föten nachgewiesen. Dazu liessen Forschende Schwangere entweder eine Kapsel mit Karottenpulver oder eine mit Grünkohlpulver schlucken und beobachteten 20 Minuten danach im 4DUltraschall den Gesichtsausdruck des ungeborenen Babys. Das Ergebnis: Föten, die dem süsslichen Karottengeschmack ausgesetzt waren, zeigten häufiger ein lachendes Gesicht, während Föten, die das eher bittere Grünkohlaroma schmeckten, vermehrt das Gesicht verzogen.

Soweit dazu. Der Prozess dahin, dass wir als Erwachsene das Bittere dem Süssen häufig sogar vorziehen, beginnt vermutlich bereits in der Stillzeit, spätestens aber direkt danach. In der Hintergrundgeschichte der aktuellen Ausgabe des marmite Magazins lesen Sie, wie es danach weitergeht: Ob wir uns selbstbestimmt über kurz oder lang den gesunden Lebensmitteln zuwenden, oder ob die Mütter und Väter, unter deren Tisch wir unsere Füsse haben, uns streng dazu ermutigen müssen. Und: Wann schliesslich die Vernunft übernimmt, wenn es um unseren Speiseplan geht.
Nebst dem Hintergrundbericht zu unserer kulinarischen Entwicklung lesen Sie in unserer aktuellen Ausgabe, welche Rollen das Wort «Mutter» im Bereich Kulinarik einnehmen kann. Und das sind eine ganze Menge – vom Mutterboden bis zur Mutterhefe und spannenden Müttern, die gleichzeitig erfolgreiche Gastronominnen sind. Das Heft können Sie ab sofort am Kiosk kaufen oder in unserem Magazine-Shop bestellen.

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