Frauen mit Geschmack

8. March 2019
Von der Spitzenköchin, die ihren Stern aufgegeben hat, bis zur achtfachen Mutter, die täglich für ihre Familie kocht: Geschichten von Frauen in und aus der Welt des Genusses.

Maria Gross ist eine kleine Frau, die nicht zu übersehen ist. An diesem Tag trägt sie eine plüschige braune Pelzweste – optisch eine Mischung aus Kaninchen, Schaf, Vogel und Fuchs. Dazu Jeans, Turnschuhe und eine Sonnenbrille. Ihre langen dunkelbraunen Haare hat sie wild nach oben gezwirbelt. Eine Spange mit Filzblume gibt Halt. Auch zu überhören ist sie nicht: Maria Gross hat ein Lachen, das man nie mehr vergisst. Laut und lang. Oft auch ein bisschen schmutzig. Aber immer geradeheraus und echt. Man könnte sagen: Sie lacht, wie sie ist.

Früher kochte sie gross, dafür bekam sie einen Stern. Heute kocht die 39-Jährige klein und kommt gross raus. Das ist ihre Geschichte. Maria Gross ist eine ungewöhnliche Köchin, die sich in Erfurt selbst verwirklicht. In der Küche. Im Garten. Zu Hause. Jetzt sitzt sie auf ihrer Terrasse am Stadtrand und guckt auf den Fluss, der etwas unterhalb vorbeirauscht. Ein Stadtteil im Grünen. Maria lebt hier mit ihrem Mann Matthias, der mal Deutscher Meister im Grillieren war. Hier arbeiten sie gemeinsam in ihrem Restaurant, der Bachstelze. Sie haben es gepachtet und Anfang Dezember 2015 eröffnet. Scheint die Sonne, sind alle Plätze im grossen Biergarten belegt. Regnet es, kommt keiner. Am Tag ist es ein Ausflugscafé mit Kaffee und Kuchen, Eis und Wurst. Am Abend gibt es Gourmetküche auf Reservierung. Ihr Label, unter dem sie Biere, Gewürze und einen Schaumwein aus Riesling und Apfelwein anbietet, hat sie nicht ohne Grund MariaOstzone genannt. Selbstironisch und ein bisschen provokant soll das sein. Sie hat auch Postkarten drucken lassen: Viele Grüsse aus der Ostzone!

Wer an Maria Gross und ihr Leben heranzoomen will, muss im Kleingarten ihrer Grosseltern beginnen. Der liegt eine halbe Autostunde nördlich von Erfurt. Als kleines Mädchen hat Maria viel Zeit dort verbracht. Damals haben Oma und Opa Tabak geerntet, Spargel, Kohlrabi oder Sellerie. Immer dann, wenn die Tomaten reif waren und sie in das Gewächshaus gingen, roch es so frisch und intensiv, als hätte jemand Parfüm versprüht. Oder die Süsse einer gerade gepflückten Erdbeere. Oder die Frische einer selbst aus der Erde gezogenen Karotte, nur mit etwas Wasser abgespült und gleich hineingebissen. Diesen natürlichen und unverfälschten Geschmack aus Kindertagen vergisst man nicht mehr. «Das ist Heimat für mich», sagt Maria.

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