Wer hat die Shakshuka erfunden?
Die israelische Küche ist allseits beliebt. Dabei wird es diese erst in rund hundert Jahren geben.
Hotel Kulm, St. Moritz, 28. Januar 2023. Spätabends sitzen am langen Tisch Köchinnen und Köche, essen Hamburger und ein Plättli und stossen mit Bier, Wein und Mineralwasser auf das soeben zu Ende gegangene Gourmet Festival an. «Middle East» hiess das Thema. Die Gastköche kamen aus dem Libanon, aus Marokko, aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, aus Israel, aus Palästina. Kein gesperrter Luftraum, keine Bodyguards, während Gal Ben Moshe, Raz Rahav (beide Israeli), Sami Tamimi (Palästinenser) und Alan Geaam (Libanese) miteinander dinieren. Neun Monate später ist die Welt eine andere. Diese Kombination an einem Gourmet-Anlass? Weit weg von der Realität. Dabei sind sie kulinarisch eigentlich unzertrennlich.

Zwar ist Israel in mancher Hinsicht ein Fremdkörper in der Welt des Orients und im Spezifischen im Nahen Osten. Geht es aber darum, was auf den Teller kommt und wie dies zubereitet wird, ist die gemeinsame Identität unverkennbar. Oder um es mit den Worten des palästinensischen Kochs und Kochbuchautors Sami Tamimi auszudrücken: «Es gibt keine israelische Küche.» Eine auf den ersten Blick schräge Aussage. Israel, insbesondere Tel Aviv, erlebt seit Jahren einen spektakulären Food-Boom. Die zahllosen Restaurants in der Wirtschaftsmetropole am Mittelmeer sind auch an Wochentagen rappelvoll, kaum eine Beiz entpuppt sich als Touristenfalle, was sich am grossen Aufkommen des einheimischen Publikums zeigt. Man zelebriert Teller zum Teilen, geniesst die langen Abende im Restaurant, die Gastfreundschaft und die Geselligkeit. Raz Rahav, israelischer Spitzenkoch im Restaurant OCD, erklärt: «Die Dichte an guten Betrieben macht es aus. Man isst überall gut, überall wird frisch gekocht. Wir gehen bei der Säure, der Bitterkeit und bei Raucharomen ans Limit, die Leute lieben es.» Doch er bestätigt Tamimis Worte: «Von israelischer Küche zu reden, wäre falsch. Die gibt es nicht. Noch nicht.»

Ähnlich sieht dies Gal Ben Moshe: «Tel Aviv ist eine der leckersten Städte der Welt. Die Konkurrenz ist riesig, die Qualität eines jeden simplen Restaurants ist sehr gut. Wer vom Food-Erlebnis in Tel Aviv schwärmt, denkt dabei ans geniale Ambiente. Man sitzt gemeinsam unter freiem Himmel und geniesst. Der Tisch ist voll mit tollem Essen. Aber eine israelische Küche? Nein.» Ben Moshes Restaurant steht nicht in Tel Aviv, sondern in Berlin. Im Prism (1 Michelin-Stern) trifft europäische Spitzenküche auf levantinische Inspiration. Gurkenmelone trifft auf Furikake und Joghurt. Israelische Mango und eine Gewürzmischung aus Aleppo treffen auf geräucherte Labane und Tomatenaspik. Durchdachte Gerichte, die jedem Gourmet Spass machen. Auf der Weinkarte sind libanesische und israelische Preziosen zu finden.
Doch wie definiert man eine „israelische Küche“, wenn es sie offiziell noch gar nicht gibt? Spitzenköchinnen und -köche experimentieren mit Tradition, lokalen Zutaten und kreativen Techniken, um etwas Einzigartiges zu schaffen. Im neusten marmite erfahren Sie, welche Restaurants und Gerichte heute bereits den Weg in die kulinarische Zukunft Israels weisen.
Text: Benny Epstein
Bilder: ZVG
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